bookmark_borderErin A. Craig: House of Salt and Sorrows

Märchenadaptionen sind zurzeit ein großer Trend. Aber obwohl ich mit Märchen aufgewachsen bin und sie bis ins Erwachsenenalter hinein geliebt habe, habe ich noch nie eines dieser Bücher gelesen. Vielleicht ist es sogar andersherum: Gerade weil ich diese Märchen so sehr liebe, so wie sie sind, mag ich die Vorstellung nicht, dass sich jemand zu große Freiheiten mit ihnen erlaubt, und lese stattdessen lieber das Märchen selbst nochmal. Jetzt aber habe ich meine erste Märchenadaption gelesen, und ich muss sagen, dass mir das Buch sehr gut gefallen hat.

Gekauft habe ich mir House of Salt and Sorrow, weil mir der Klappentext gut gefiel, ohne auch zu nur wissen, dass da ein Märchen Pate gestanden hatte, und als es dann da war und hinten drauf stand, dass es tatsächlich eine Adaption der Zertanzten Schuhe war, war ich erst einmal enttäuscht und habe das Buch beiseitegelegt. Das war vor vier Jahren. In der Zwischenzeit habe ich aber so viel Gutes über das Buch gehört, und überhaupt will ich die Bücher, die ich mir im Laufe der Jahre zusammengekauft habe, auch endlich lesen, und jetzt war es endlich soweit. Und es war eines meiner Jahreshighlights, muss ich sagen.

Die zertanzten Schuhe sind nicht mein Lieblingsmärchen. Ich habe sie einmal gelesen, als ich Grimms gesammelte Märchen von vorn bis hinten durchgearbeitet habe, aber irgendwie hat es mich nicht so bewegt wie andere, und es war keines, das ich dann immer und immer wieder hätte lesen müssen. Deswegen hat mich der Klappentext auch erstmal nicht an das Märchen denken lassen – aber die Geschichte von zwölf Schwestern in einem herrschaftlichen Anwesen am Meer, von denen eine nach der anderen stirbt, klang wie ein makabrer Gaslichtroman ganz nach meinem Geschmack, und das war auch der Grund, warum ich es mir gekauft habe – ich musste weniger an die Gebrüder Grimm denken und mehr an Agatha Christies And Then There Were None, muss ich zugeben.… Weiterlesen “Erin A. Craig: House of Salt and Sorrows”

bookmark_borderWilliam Sutcliffe: Der Zirkus der Diebe und die lausige Lotterie

Es ist bestimmt an die vierzig Jahre her, dass ich zuletzt im Zirkus war, und es hat mir auch nicht gefehlt – ich habe zu viel daran auszusetzen, unter welchen Bedingungen dort Tiere gehalten werden oder wie aggressiv Zirkusse im Winter mit traurig aussehenden Ponys in der Fußgängerzone um Spenden werben. Aber das ändert nichts daran, dass ich gern über Zirkusse in Büchern lese – da kommen keine echten Tiere zu schaden, da sind spektakuläre Stunts möglich, da ist alles nochmal so laut und bunt wie in Wirklichkeit. 2011 habe ich Water for Elephants sehr gern gelesen, auch wenn mich dann die Verfilmung nicht mehr gereizt hat, aber das war dann auch das letzte Zirkusbuch, das ich gelesen habe.

Über die Jahre, während derer ich nicht gelesen habe, sind hier einige Zirkusbücher angelaufen, und das erste davon habe ich mir jetzt vorgenommen – ich wollte ein Kinderbuch lesen, das nicht zu viel geistige Anstrengung verlangte, und da sah Der Zirkus der Diebe und die lausige Lotterie des Briten William Sutcliffe wie die richtige Wahl aus. Das Buch hatte ich mir vor Jahren mal über die Büchergilde Gutenberg bestellt und dann doch nur unbesehen ins Regal gestopft – jetzt war seine Zeit gekommen. Und der Klappentext klang vielversprechend, mit einem Zirkus, der eigentlich nur ein Ablenkungsmanöver für die ausgeklügelten Diebestouren seiner Mitglieder darstellt: Das ist mal etwas anderes als die Geschichte vom ausgekommenen Löwen, die ich selbst mit acht Jahren unter dem Titel Zirkus in der Stadt zu Papier gebracht habe!

Aber tatsächlich ist jetzt Klappentext schuld, dass ich an dem Buch nicht so viel Freude hatte, wie ich gerne gehabt hätte.… Weiterlesen “William Sutcliffe: Der Zirkus der Diebe und die lausige Lotterie”

bookmark_borderDanielle Trussoni: The Puzzle Master

In einer Bahnhofsbuchhandlung bin ich über das Buch Ingenium von Danielle Trussoni gestolpert und hätte es mir beinahe sofort mitgenommen, so sehr sprang mich der Klappentext an – aber es war noch im letzten Jahr, als ich kaum etwas gelesen habe, und so verzichtete ich auf den Kauf. Aber ich packte es, im englischen Original, auf meine Wunschliste, und als ich Anfang dieses Jahres dann wieder anfing, mir neue Bücher zu kaufen, war es eines der ersten, die ich mir anschaffte – neben ziemlich vielen Fantasytiteln ein Mystery-Thriller, ein Genre, mit dem ich bisher nur extrem wenig zu tun hatte, aber ich dachte mir, es wird der Moment kommen, da ich ein bisschen Abwechslung brauche. Und da ich gerade tatsächlich die aktuelle Fantasy mit ihren siebzehnjährigen Heldinnen ein bisschen über habe, war dann der Zeitpunkt gekommen, The Puzzle Master zu lesen, oder besser: zu inhalieren.

Ich habe bis jetzt immer einen Bogen um die Bücher von Dan Brown gemacht, sie haben mich wirklich noch nie angesprochen mit ihrem religiös aufgeladenen Verschwörungsgedöns, aber ich kann mir vorstellen, dass sie doch ein bisschen in die Richtung von The Puzzle Master gehen könnten: Mit kryptischen Hinweisen auf uralte, mystische Geheimnisse. Ich habe immer noch keine Lust auf Dan Brown. Aber The Puzzle Master hat mir genau die Unterhaltung gegeben, die ich gerade brauchte, und wenn im Herbst die Fortsetzung erscheint, will ich die auch lesen, so viel Spaß hatte ich an dieser Achterbahnfahrt voller Puzzles, Rätsel, und Puppen.

Schwerer als die Frage, wovon dieses Buch handelt, zu beantworten ist die Frage, wovon es nicht handelt.… Weiterlesen “Danielle Trussoni: The Puzzle Master”

bookmark_borderKyrie McCauley: Bad Graces

Trotz des wirklich wunderschönen Covers, Titels und Klappentextes war ich kein großer Fan von All the Dead Lie Down, und so war ich nicht übermäßig erfreut, gleich das nächste Buch von Kyrie McCauley aus der Locked Library zu ziehen. Dabei hatte ich mich nach dem Teaser, mit dem Harper Collins das Thema der Überraschungs-Buchbox angekündigt hatten, noch richtig auf das Juli-Buch gefreut: Eine sapphische Geschichte nach Motiven von Shakespeare, das klang doch sehr wie ein Buch für mich, bis ich dann die Autorin auf dem Cover las.

Aber das Buch war nun mal da, und ich bei V.E. Schwab hatte ich die zweite Chance, die ich ihr gegeben hatte, nicht bereut – und überhaupt, das war nicht irgendein Shakespeare-Stück, das da als Inspiration für Bad Graces hatte herhalten dürfen, sondern ausgerechnet The Tempest, und so wollte ich doch zumindest mal reinlesen, und sei es, um das Ganze am Ende beherzt verreißen zu können. Und dann las ich und las ich und las das ganze Buch in einem Rutsch durch, und auch wenn es nicht perfekt war, hat es mir doch um längen besser gefallen als All the Dead Lie Down.

Was Shakespeare angeht, habe ich zwei erklärte Lieblingsstücke, die mir wirklich viel bedeuten. Das eine ist Hamlet – das ich im Studium zusammen mit meinen Freundinnen gespielt habe und bis heute auswendig kann -; das andere ist der Sturm, das erste Shakespeare-Stück, das ich jemals im Theater gesehen habe und mit dem sich eine völlig neue Welt für mich aufgetan hat.… Weiterlesen “Kyrie McCauley: Bad Graces”

bookmark_borderMaureen Johnson: Truly Devious

Dark Academia-Romane waren der heiße Scheiß des vergangenen Jahres. Das Genre schien plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht zu sein: Bücher, die in ehrwürdigen Akademien, an exklusiven Instituten spielten, wo es Mysteriöses mit und ohne phantastische Elemente zu erleben galt, integriert in den studentischen Alltag – diese Bücher sind 2023 einfach durch die Decke gegangen, und auch dieses Jahr sind sie noch sehr erfolgreich. So plötzlich schossen diese Romane aus dem Boden, dass sie quasi über Nacht ihr eigenes Genre bildeten, aber tatsächlich sind diese Bücher nicht aus dem Nichts gekommen. Ich wüsste nicht, wo ich das Buch, das ich gerade beendet habe, einsortieren sollte, wenn nicht unter Dark Academia, und dabei ist es bereits 2018 erschienen.

Vielleicht habe ich es hier mit dem Patient Zero des Genres zu tun? Ich weiß es nicht. Ich habe noch nie einen anderen Dark Academia-Roman gelesen. Und auch für Truly Devious habe ich mehr als einen Anlauf gebraucht. Gekauft habe ich es mir bereits 2020, als ich während des Lockdowns versuchen wollte, wieder mehr zu lesen, aber ich hatte irgendwie gedacht, das Buch hätte phantastische Elemente, war enttäuscht, als die fehlten, und gab die Lektüre nach gut hundert Seiten wieder dran. Die nächsten Jahre verbrachte Truly Devious am Fuß eines langsam wachsenden Stapels auf dem Fußboden neben meinem Bett, bis ich wieder Lust darauf bekam, es noch noch einmal von vorne anfing, und diesmal auch beendete – und was mich vor vier Jahren nicht überzeugen konnte, hat mir jetzt doch so gut gefallen, dass ich auch die weiteren Bände der Reihe lesen möchte.… Weiterlesen “Maureen Johnson: Truly Devious”

bookmark_borderNeal Shusterman: Scythe

In den letzten Wochen habe ich gelesen, als wären meine Bücher Matrjoschkas, russische Puppen-in-der-Puppe: Ich habe eines angefangen, bis zu einer gewissen Stelle gelesen, das nächste angefangen, bis zu einer gewissen Stelle gelesen, und dann das nächste angefangen, bis mir buchstäblich die Lesezeichen ausgegangen sind vor angelesenen Büchern. Nur das letzte habe ich, im Verlauf einer guten Woche, dann tatsächlich am Stück gelesen, ohne mich mit anderen Büchern zu unterbrechen, und wenn ein Buch meinen derzeit so wankelmütigen Verstand derart mit Beschlag belegen kann, dann wird das wohl ein spannendes Buch gewesen sein. Und das ist das Mindeste, was ich über Neal Shustermans Scythe sagen kann: Es ist fesselnd geschrieben und lässt sich, trotz einer Länge von rund 450 Seiten, gut und schnell lesen.

Tatsächlich kann ich noch mehr positive Sachen über dieses Buch sagen, und auch wenn ich zwischendurch Momente hatte, während derer ich es beherzt gegen die Wand schmeißen wollte, hat es am Ende die Kurve bekommen, und das gut genug, dass ich jetzt auch den zweiten Band der Trilogie lesen möchte. Nicht unbedingt sofort – vorher will ich all die angebissenen Bücher zu Ende lesen, die sich neben meinem Bett stapeln und bei denen mir oft nur noch hundert Seiten fehlen. Aber dann, wenn ich mir wieder erlaube, neue Bücher zu kaufen, will ich nach vielen Reihen, die mich nicht überzeugen konnten, endlich mal wieder einen Mehrteiler weiterlesen.

Scythe – das auf Deutsch unter dem Titel Scythe – die Hüter des Todes – erschienen ist, ist ein Jugendroman, der tückischerweise so tut, als würde er sich um eine Utopie handeln, in Wirklichkeit aber zutiefst dystopisch daherkommt.… Weiterlesen “Neal Shusterman: Scythe”

bookmark_borderSunyi Dean: The Book Eaters

In meiner Jugend habe ich Bücher buchstäblich verschlungen. Dass ich bei einem Appetit von bis zu drei Büchern am Tag nicht in die Beschaffungskriminalität abgerutscht bin, verdanke ich allein meiner Stadtbücherei, die mich großzügig mit Lesestoff versorgt hat. Heute lese ich, nach langer Pause, wieder regelmäßig, aber an die alten Zeiten kann ich nicht anknüpfen. Und auch dieses Buch, The Book Eaters, bei dem es im Wortsinn ums Bücherfressen geht, habe ich nicht verschlungen, sondern in kleinen, wohldosierten Häppchen zu mir genommen. Und auch wenn ich am Ende nicht enttäuscht von der Geschichte war, hatte ich mir letztlich doch mehr davon erwartet.

Erstmal klang es wie genau das Buch für mich, versprach mir eine queere Liebesgeschichte und Figuren, die ihren Hunger auf Bücher ernst nehmen, aber was ich dann bekommen habe, war mir nicht nur über weite Teile zu grausam, sondern machte vor allem für mich zu wenig aus dem Bücheressen an sich. Wer sich von Büchern ernährt, von Literatur und dem Wissen der Welt, sollte sich damit doch zu einer besonders aufgeschlossenen, empathischen Person entwickeln, ein innigeres Verhältnis zum Buch pflegen als diejenigen, die es einfach nur lesen und nicht in ihre Blutbahn aufnehmen – aber tatsächlich sind die Bücherfresser der unsympathischste Haufen, den man sich nur irgendwie vorstellen kann, rigide Hardliner und Frauenfeinde, die sich nichts von dem, was sie da verspeisen, irgendwie zu Herzen nehmen.

Vielleicht habe ich da zu viel erwartet. Wenn ich mir ein Butterbrot schmiere, pflege ich auch keine besonders enge Beziehung zu Getreide und Sauerteig, und wahrscheinlich macht es doch einen Unterschied, ob ich ein Buch lese, weil ich in die Geschichte verliebt bin, oder weil mein Stoffwechsel darauf angewiesen ist.… Weiterlesen “Sunyi Dean: The Book Eaters”