bookmark_borderKaren Russell: Swamplandia!

Ich weiß gar nicht mehr, wie dieses Buch auf meiner Liste gelandet ist. Vielleicht wurde es mir bei Goodreads vorgeschlagen, vielleicht bin ich anderweitig darüber gestolpert, aber irgendwann vor gut dreizehn Jahren bin ich auf Karen Russells Swamplandia! gestoßen. Die Geschichte einer Familie, die in den Sümpfen Floridas vor Publikum mit Alligatoren ringt und schwimmt klang amüsant und schräg, und die Tatsache, dass der Freund der älteren Tochter vielleicht ein Geist ist, ließ mich auf phantastische Elemente hoffen – kurzum, es passte genau in mein Beuteschema außergewöhnlicher Bücher, landete erst auf meinem Wunschzettel und dann unterm Weihnachtsbaum, und dann im Regal, und da blieb es dann für das nächstes Dutzend Jahre.

Mehrmals unternahm ich in der Zeit Versuche, das Buch zu lesen, aber ich kam nicht richtig rein und gab nach wenigen Seiten wieder auf. In der Zwischenzeit ging mir das Lesen dann ganz verloren, der Stapel ungelesener Bücher wuchs und wuchs, und als ich dann im letzten Jahr wieder mit dem Lesen anfing, war Swamplandia! ziemlich weit nach hinten auf meiner Leseliste gewandert. Aber jetzt, als ich mein Belletristik-Regal auf- und umräumte, um endlich Platz über die in den letzten Jahren hinzugekommenen Bücher zu schaffen, bekam ich Lust, wieder mal etwas anderes zu lesen als immer nur Fantasy, und ich nahm mir Swamplandia! vor, um ein bisschen Abwechlung reinzubringen und das Buch endlich mal zu Ende zu lesen.

Und das habe ich auch getan, mit Unterbrechung – ich habe The Cut Direct dazwischgeschoben – und mir am Ende tatsächlich gewünscht, lieber etwas anderes gelesen zu haben.… Weiterlesen “Karen Russell: Swamplandia!”

bookmark_borderPhoebe Atwood Taylor: The Cut Direct

Das Wiedersehen mit alten Lieblingsbüchern kann ganz schön nach hinten losgehen, wenn man feststellen muss, dass sie nicht so gut gealtert sind wie man selbst. So war ich letztes Jahr nach der Lektüre von Phoebe Atwood Taylors Kriminalroman Beginning with a Bash, dem Auftakt der Krimireihe um Shakespeare-Doppelgänger Leonidas Witherall, wenig begeistert – das Buch erschien mir bei allem Witz als wenig spannend, rassistisch und misogyn, und auch wenn ich eigentlich die ganze ehedem geliebte Reihe nochmal lesen wollte, hat es ein gutes Dreivierteljahr gedauert, bis ich mir den zweiten Band, The Cut Direct, vorgenommen habe. Der war nämlich ein absoluter Lieblingsroman von mir, und um so höher erschien mir dessen Fallhöhe.

Um 1992 herum habe ich das Buch, in seiner deutschen Übersetzung Wie ein Stich durchs Herz in Dumont’s Criminal-Bibliothek erschienen, zum ersten Mal gelesen, und ich war so begeistert wie nur was. Es war lustig! Es hatte Shakespeare! Es war ein Krimi! Und so verschenkte ich das Buch nicht nur, ich las es auch in Gänze vor, erst meiner Schwester, später meiner besten Freundin, die mir im Gegenzug den Herrn der Ringe vorlas – und noch heute, mehr als dreißig Jahre später, zitieren mein Mann und ich immer noch gerne markante Sätze aus dem Buch, angefangen mit dem gebetsmühlenartig vorgetragenen »Die ganze verdammte Gesellschaft ist unfair zu Stanton Kaye! Die ganze verdammte Gesellschaft wird nur von Handtaschen regiert!«, wann immer sich eine Gelegenheit dazu bietet.

Jetzt habe ich das Buch also nochmal gelesen, zum ersten Mal in der englischen Originalfassung.… Weiterlesen “Phoebe Atwood Taylor: The Cut Direct”

bookmark_borderLeigh Bardugo: Shadow and Bone

Manchmal muss man viel Anlauf nehmen, nur um ein einziges Buch zu lesen. In meinem Fall ist es das Buch Six of Crows von Leigh Bardugo, das ich 2016 zum Geburtstag bekommen habe, postenwendend angefangen zu lesen – nur, um dann festzustellen, dass es sich um die zweite Geschichte handelt, die in dieser Welt angesiedelt ist, und dass ich, um das Ganze wirklich genießen zu können, erst einmal die davor angesiedelte Grisha-Trilogie lesen sollte. Flugs kaufte ich mir alle drei Bände, fing an zu lesen, aber es wollte mich nicht so recht packen, es sah aus wie viel, viel Arbeit, dafür, dass ich ja eigentlich ein ganz anderes Buch lesen wollte, und so kam ich die ersten fünfzig Seiten von Shadow and Bone nicht hinaus.

Letztes Jahr wollte ich mich dann endlich dransetzen – allein, das Buch war nirgends aufzufinden, im Regal klaffte eine Lücke, und das letzte, woran ich mich erinnerte, war, dass ich die Grisha-Bücher meinem Mann zu lesen gegeben hatte. Aber bei dem war das Buch auch nicht erst, als ich mich in diesem Jahr dran machte, das Chaos in unserem Haus in Angriff zu nehmen und mich ans große Aufräumen machte, tauchte Shadow and Bone wieder auf, völlig eingestaubt auf dem Fußboden am Grund eines Bücherstapels. Ja, ich schäme mich, dass es so weit kommen konnte, aber jetzt sieht das Zimmer wirklich viel besser aus, und bevor das Buch noch einmal verschwinden konnte, habe ich Nägel mit Köpfen gemacht und es endlich gelesen. Und ich muss gestehen, ich hatte mir etwas mehr davon erwartet.… Weiterlesen “Leigh Bardugo: Shadow and Bone”

bookmark_borderT. Kingfisher: A House With Good Bones

Über die amerikanische Autorin T. Kingfisher hatte ich bislang nur Gutes gehört, aber noch nie etwas von ihr gelesen. Um so mehr habe ich mich gefreut, von einer befreundeten Autorin aus dem Tintenzirkel-Forum das Buch A House With Good Bones von meiner Wunschliste geschenkt bekommen zu haben, und weil mich Cover und Klappentext wirklich sehr angesprochen haben, ist es nach ganz oben auf meinen Stapel Ungelesener Bücher gewandert und wurde das zweite Buch, das ich mir dieses Jahr vorgenommen habe.

Da kommt Sam Montgomery nach über einem Jahr wieder zum Haus ihrer Mutter in South Carolina – die archäologische Ausgrabung, auf der die Entomologin in menschlichem Müll nach Käferhülsen suchen sollte und daraus ableiten, was die Menschen früher gegessen haben, wurde gestoppt, nachdem menschliche Überreste gefunden wurden, und weil sie ihre Wohnung in Arizone inzwischen untervermietet hatte, quartiert sie sich für einen guten Monat bei ihrer Mutter ein. Der große Bruder hat sie schon gewarnt, dass mit Mutter etwas nicht stimmt – doch ist Sam entsetzt, was für ein Bild sich in dem Haus, das früher der Großmutter gehört hat, bietet – und da ist der Rabengeier auf dem Briefkasten noch das harmloseste Omen.

Innen herrschen nicht mehr die bunten Farben, mit denen ihre Mutter das geerbte Haus gestrichen hatte, sondern, wie zu Großmutters Zeiten, beige und eierschal. Selbst ein von sowohl Mutter als auch Tochter verhasstes, konföderierte Soldaten glorifizerendes Gemälde hängt wieder an der Wand, und die liberal-säkuläre Mutter besteht plötzlich darauf, vor den Mahlzeiten zu beten … Sams Mutter ist abgemagert, ängstlich besorgt, es jedem recht zu machen, aber nicht wie völlig ausgetauscht: Sie schaut immer noch weintrinkend mit ihrer Tochter britische Krimiserien, sie hat ihren Humor nicht verloren, aber sie lässt kein Wort auf ihre verstorbene Mutter kommen, und nach und nach kriecht das Übernatürliche in den Alltag an der Lammergeier Lane …

Und schon nach den ersten paar Seiten verstand ich, wo all die Empfehlungen für diese Autorin herkamen: Lebhaft, authentisch, sprachlich fein geschrieben, ohne Längen, die Hintergrundinfos wohlverpackt, machte dieses Buch einfach Freude, und auch wenn mein Zeitplan meinte, dass ich die etwas über 300 Seiten in fünf Tagen durcharbeiten sollte, habe ich es stattdessen innerhalb von weniger als vierundzwanzig Stunden regelrecht inhaliert.… Weiterlesen “T. Kingfisher: A House With Good Bones”

bookmark_borderKate Dylan: Until We Shatter

Genau ein Jahr ist es her, dass ich meine Liebe zum Lesen wiederentdeckt habe, und das Jahr war ein voller Erfolg. Genau fünfzig Bücher habe ich 2024 gelesen, und auch wenn mir nicht alle gefallen haben, war doch so viel Schönes dabei, dass es mein Leben bereichert hat. Genug, um auch 2025 daran anknüpfen zu wollen. Am liebsten würde ich noch ein paar mehr Bücher schaffen als im letzten Jahr – immerhin platzt das Haus immer noch vor Büchern aus allen Nähten, ist meine Wunschliste ungebrochen lang, und kommen weiterhin jeden Monat tolle neue Titel auf den Markt, so dass ich selbst mit einem Buch pro Woche nicht hinterherkommen werde. Das macht mir unnötigen Stress, aber ich will mich davon nicht zu sehr beeinflussen lassen. Und so bin ich zum 1. Januar mit einer neuen Lektüre ins neue Jahr gestartet, und einen besseren Start hätte ich mir wohl nicht wünschen können.

Nachdem ich Hammajang Luck gelesen hatte, war ich wieder ganz im Heist-Fieber. Und wie es so kommt, wartete schon der nächste Roman über einen raffinierten Raubzug auf mich, ebenfalls aus der Illumicrate-Box: Im Oktober hatte sie mir Kate Dylans Until We Shatter ins Haus gespült – aber wo Hammajang Luck in einer Cyberpunk-Zukunft spielt, hat Until We Shatter ein Fantasy-Setting, und das Team für den Heist hat nicht die üblicher Kombination aus Hacker, Schläger, Schwindler, Dieb und Mastermind, sondern eine Gruppe aus unterschiedlich magisch begabten Zauberwirkern, die sich nicht durch die Gedärme einer Raumstation arbeiten, sondern durch ein Schattenreich, in dem jeder Fehler sie in tausend Scherben zersplittern lassen kann.… Weiterlesen “Kate Dylan: Until We Shatter”

bookmark_borderLena Jeong: And Break the Pretty Kings

Entgegen meinen guten Vorsätzen zum Jahresbeginn habe ich dann doch nicht für jedes Buch, das ich gelesen habe, auch eine Rezension verfasst. Einmal war das mit Absicht: Es handelte sich um das Buch einer deutschen Autorin, das mich leider überhaupt nicht überzeugen konnte, und ich habe mich gegen eine Rezension entschieden, weil ich nicht die Autorin sein will, die über ihre direkten Konkurrenten herzieht. Sonst rezensiere ich ja überwiegend ältere Sachen oder Titel, die es überhaupt nicht auf Deutsch gibt, oder eine Kombination aus beidem – da habe ich kein Problem damit, auch mal sehr kritisch zu rezensieren: Da hat meine Rezi letztlich keine Auswirkungen auf den Buchmarkt, und niemand kann mir unterstellen, damit meine eigenen Verkäufe pushen zu wollen.

Drei Bücher habe ich schlichtweg nicht besprochen, weil ich im Herbst einen Durchhänger hatte, und als ich dann im Dezember wieder mit dem Rezensieren angefangen habe, war die Lektüre schon so lange her, dass ich mich nicht an jedes Detail erinnern konnte. Und aus dem gleichen Grund habe ich lange überlegt, ob ich dieses Buch, das letzte, das ich 2024 beendet habe, rezensieren will. Denn den Großteil des Buch, alles bis auf die letzten hundert Seiten, habe ich nicht im Dezember gelesen, sondern schon im Mai. Es hatte mich nicht genug gepackt, um es in einem Rutsch zu Ende zu lesen, aber als das Jahr sich gen Ende neigte und ich meine fünfzig Bücher noch nicht voll hatte, war ich froh, ein Buch zu haben, das ich in nur zwei Tagen fertig lesen konnte.… Weiterlesen “Lena Jeong: And Break the Pretty Kings”

bookmark_borderOlesya Salinkova Gilmore: The Haunting of Moscow House

Wir haben Ende Dezember, es ist kalt und dunkel draußen, und in meinem Zimmer wird die Heizung nicht richtig warm – die perfekte Grundlage, mich mit einem richtig schön gruseligen Buch ins Bett zu kuscheln. Da kommt mir die monatliche Sendung aus der Locked Library gerade recht: Bücher mit Titeln wie »The Haunting of [hier Name des Hauses einsetzen]« haben es mir nicht erst seit Shirley Jackson angetan und versprechen üblicherweise genau die Art Grusel, die ich gern mag – keinen blutigen Horror, sondern sanftes Grauen, das mir bis in die (gerade wirklich sehr kalten) Zehenspitzen kriecht. Das Ganze auch noch mit einem gutrecherchierten historischen Setting kombiniert, und ich habe genau mein Buch. Und so machte ich mich, auch wenn ich schon so viele angefangene Bücher habe und dieses Jahr noch zwei Bücher fertig lesen muss, an die Lektüre von The Haunting of Moscow House. Wurde ich enttäuscht? Das nicht. Aber gegruselt? Gegruselt wurde ich, trotz sehr vielen Geistern, leider eher nicht.

1921 spielt die Geschichte, in einem Jahr also, in dem ich selbst schon einen historischen Gruselroman angesiedelt hatte und von dem ich dachte, dass ich mit seiner Geschichte vertraut bin – aber wo mein eigener Roman in England und Wales spielte und sich vor allem um die noch spürbaren Nachwehen des Ersten Weltkriegs drehte, spielt The Haunting of Moscow House im nachrevolutionären Russland, gezeichnet von den Spuren des Bürgerkriegs und einer Hungersnot, und die Schwestern Irina und Lili haben erstmal ganz andere Probleme, als dass es bei ihnen im Haus spuken könnte.… Weiterlesen “Olesya Salinkova Gilmore: The Haunting of Moscow House”