Bei Computerspielen für Kinder ist der Begriff Edutainment – die Kombination aus Unterhaltung und der Vermittlung von Wissen – in aller Munde, das Konzept bewährt und anerkannt. Was liegt näher, als auch den Buchmarkt mit solchen Amalgame zu beglücken? Und was liegt näher, als dass dieser Versuch gründlich in die Hose gehen wird?
Betrachtet man Charlies Doppelleben als ein solches Experiment, muss man sagen: Guter Versuch, aber am Ziel vorbei. Es ist offenbar schwierig, ein pädagogisch wertvolles Buch zu einem guten Buch für Kinder und Erwachsene zu machen: Entweder entdecken die Erwachsenen inhaltliche Mängel, oder die Kinder finden das Ergebnis langweilig. Muss wohl zumindest Jaqueline Wilson gedacht haben, und verknüpfte ihre akribisch recherchierte Geschichte eines minderjährigen Dienstmädchens der Viktorianischen Ära mit einer zeitgenössischen Rahmenhandlung. Sie hätte nicht versuchen dürfen, es allen Seiten recht zu machen. Denn das Ergebnis – unterhaltsam auf der einen Seite, informativ auf der anderen – ist eines nicht geworden: Ein gutes Buch.
Wir haben es in dieser Geschichte mit einem Doppelten Lottchen zu tun. Leider war das als Buchtitel schon vergeben, weswegen die Übersetzerin oder der Oetinger-Verlag auf das eher unglückliche Charlies Doppelleben zurückgegriffen haben. Der englische Originaltitel The Lottie Project trifft es da deutlich besser: Denn Lottie ist nicht Charlies geheimes Alias, sondern eine von ihr erfundene Viktorianerin für eine Geschichts-Projektarbeit.
Die »echte« Charlotte lebt im England Ende der neunziger Jahre. Sie gerät mit ihrer Geschichtslehrerin aneinander und mit dem Klassenstreber Jamie, findet ihre Freundinnen manchmal zu seicht und hat es mit ihrer alleinerziehenden, aber durchaus patenten Mutter eigentlich ganz gut getroffen.… Weiterlesen “Jacqueline Wilson: Charlies Doppelleben”