bookmark_borderOlesya Salinkova Gilmore: The Haunting of Moscow House

Wir haben Ende Dezember, es ist kalt und dunkel draußen, und in meinem Zimmer wird die Heizung nicht richtig warm – die perfekte Grundlage, mich mit einem richtig schön gruseligen Buch ins Bett zu kuscheln. Da kommt mir die monatliche Sendung aus der Locked Library gerade recht: Bücher mit Titeln wie »The Haunting of [hier Name des Hauses einsetzen]« haben es mir nicht erst seit Shirley Jackson angetan und versprechen üblicherweise genau die Art Grusel, die ich gern mag – keinen blutigen Horror, sondern sanftes Grauen, das mir bis in die (gerade wirklich sehr kalten) Zehenspitzen kriecht. Das Ganze auch noch mit einem gutrecherchierten historischen Setting kombiniert, und ich habe genau mein Buch. Und so machte ich mich, auch wenn ich schon so viele angefangene Bücher habe und dieses Jahr noch zwei Bücher fertig lesen muss, an die Lektüre von The Haunting of Moscow House. Wurde ich enttäuscht? Das nicht. Aber gegruselt? Gegruselt wurde ich, trotz sehr vielen Geistern, leider eher nicht.

1921 spielt die Geschichte, in einem Jahr also, in dem ich selbst schon einen historischen Gruselroman angesiedelt hatte und von dem ich dachte, dass ich mit seiner Geschichte vertraut bin – aber wo mein eigener Roman in England und Wales spielte und sich vor allem um die noch spürbaren Nachwehen des Ersten Weltkriegs drehte, spielt The Haunting of Moscow House im nachrevolutionären Russland, gezeichnet von den Spuren des Bürgerkriegs und einer Hungersnot, und die Schwestern Irina und Lili haben erstmal ganz andere Probleme, als dass es bei ihnen im Haus spuken könnte.… Weiterlesen “Olesya Salinkova Gilmore: The Haunting of Moscow House”

bookmark_borderLindsey Kelk: The Bell Witches

Sage ich, Hexen sind in? Hexen sind so sehr in, dass mir die Locked Library jetzt den zweiten Monat in Folge einen Roman geschickt hat, in dem eine junge Frau erfährt, dass sie in Wirklichkeit eine Hexe ist – diesmal aber immerhin nicht mit einem historischen Setting, das wäre dann doch zu viel der Wiederholung gewesen, sondern zeitgenössisch. The Bell Witches ist der erste Band einer Trilogie, aber zumindest hinreichend in sich abgeschlossen, sodass man das Buch auch lesen kann, ohne gleich händeringend auf die noch nicht angekündigte Fortsetzung zu warten oder absolut unbefriedigt zurückzubleiben. Und obwohl mich doch nicht alles an der Geschichte überzeugen konnte und vieles doch ziemlich vorhersehbar war, habe ich das Buch doch mit Vergnügen gelesen.

Hauptfigur ist hier die sechzehnjährige Emily, die nach dem Unfalltod ihres Vaters zu ihrer bis dato unbekannten Großmutter nach Savannah, Georgia kommt – was sich trotz der Tatsache, dass Emily ihr kurzes Leben lang schon in den verschiedensten Ländern gelebt hat, immer noch als Kulturschock herausstellt. Schließlich hat sie zuletzt in einem walisischen Cottage gelebt, und jetzt überfordern sie sowohl das Klima als auch die Art der Leute, ganz zu schweigen vom Sweet Tea. Da Lindsey Kelk aber mit diesem Buch eine Liebeserklärung an Savannah erschaffen hat, freundet sich auch Emily schnell mit ihrem neuen Zuhause an, findet gute Freunde und tut am Ende alles, um ihre neue Heimat vor einer Katastrophe zu bewahren – die sie, so klar ist die Prophezeiung da nicht, möglicherweise selbst heraufbeschworen hat.

Prophezeiung? Genau. Emily erfährt im Laufe des Buches nämlich nicht nur, dass sie wie so viele Frauen in ihrer Familie eine Hexe ist – nein, sie ist auch noch die mächtigste Hexe seit Menschengedenken, bestimmt, Großes zu erreichen – oder eben großes Unheil zu bringen.… Weiterlesen “Lindsey Kelk: The Bell Witches”

bookmark_borderErin A. Craig: House of Salt and Sorrows

Märchenadaptionen sind zurzeit ein großer Trend. Aber obwohl ich mit Märchen aufgewachsen bin und sie bis ins Erwachsenenalter hinein geliebt habe, habe ich noch nie eines dieser Bücher gelesen. Vielleicht ist es sogar andersherum: Gerade weil ich diese Märchen so sehr liebe, so wie sie sind, mag ich die Vorstellung nicht, dass sich jemand zu große Freiheiten mit ihnen erlaubt, und lese stattdessen lieber das Märchen selbst nochmal. Jetzt aber habe ich meine erste Märchenadaption gelesen, und ich muss sagen, dass mir das Buch sehr gut gefallen hat.

Gekauft habe ich mir House of Salt and Sorrow, weil mir der Klappentext gut gefiel, ohne auch zu nur wissen, dass da ein Märchen Pate gestanden hatte, und als es dann da war und hinten drauf stand, dass es tatsächlich eine Adaption der Zertanzten Schuhe war, war ich erst einmal enttäuscht und habe das Buch beiseitegelegt. Das war vor vier Jahren. In der Zwischenzeit habe ich aber so viel Gutes über das Buch gehört, und überhaupt will ich die Bücher, die ich mir im Laufe der Jahre zusammengekauft habe, auch endlich lesen, und jetzt war es endlich soweit. Und es war eines meiner Jahreshighlights, muss ich sagen.

Die zertanzten Schuhe sind nicht mein Lieblingsmärchen. Ich habe sie einmal gelesen, als ich Grimms gesammelte Märchen von vorn bis hinten durchgearbeitet habe, aber irgendwie hat es mich nicht so bewegt wie andere, und es war keines, das ich dann immer und immer wieder hätte lesen müssen. Deswegen hat mich der Klappentext auch erstmal nicht an das Märchen denken lassen – aber die Geschichte von zwölf Schwestern in einem herrschaftlichen Anwesen am Meer, von denen eine nach der anderen stirbt, klang wie ein makabrer Gaslichtroman ganz nach meinem Geschmack, und das war auch der Grund, warum ich es mir gekauft habe – ich musste weniger an die Gebrüder Grimm denken und mehr an Agatha Christies And Then There Were None, muss ich zugeben.… Weiterlesen “Erin A. Craig: House of Salt and Sorrows”

bookmark_borderKiersten White: Haunted Holiday

Anfang März habe ich den ersten Band der Sinister Summer-Reihe gelesen, und während ich es bis heute noch nicht geschafft habe, den Abschlussband von Geraldine Harris‘ Seven Citadels zu lesen, habe ich es geschafft, diese Kinderbuchreihe jetzt abzuschließen. Und ich habe es nicht bereut. Während mir der vierte Band, Menacing Manor, nicht ganz so gut gefallen hatte wie die anderen Teil der Serie, hat Kiersten White mit dem letzten Teil wieder zu alter Form zurückgefunden. Was sich über vier Bände entwickelt hat, wird im fünften zu einem würdevollen und runden Abschluss gebracht: Und wo es vordergründig von drei Geschwistern handelt, die ihre verschwundenen Eltern suchen und nach einer Reihe spannender Abenteuer mit übernatürlichem Touch auch finden, geht es eigentlich um so viel mehr – drei verschrobene Jugendliche, allen voran der von zahlreichen Phobien geplagte Alexander und seine Zwillingsschwester Theo, die wahrscheinlich eine Form von ADHS hat, die aus ihren Anderssein Stärke schöpfen und lernen, für sich selbst und die, die ihnen am Herzen liegen, aufzustehen.

Nachdem ihr Sommer die Sinister-Winterbottom-Geschwister schon durch Spaßbad, Wellness-Hotel, Sommerlager und Wissenschaftscamp gearbeitet haben, ist im Abschlussband die Krönung aller Touristenfallen dran: Nichts geringeres als ein Freizeitpark bildet die Kulisse für das große Finale, aber bis sich vor dem nächtlich angestrahlten Riesenrad ein riesiger Roboter und ein nicht minder großer Kraken den großen Endkampf liefern können, muss viel passieren – und die Frage, wer gut ist und wer böse, wer recht hat und wer nicht, wird immer wieder neu gestellt, neu beantwortet, bis am Ende die Geschwister, aber auch die Lesenden selbst, die Antworten darauf gefunden haben.… Weiterlesen “Kiersten White: Haunted Holiday”

bookmark_borderKyrie McCauley: All the Dead Lie Down

Über die Locked Library, die Überraschungsbücherbox aus dem Vereinigten Königreich, die ich seit vergangenem Jahr im Abo habe, sind schon ein paar echte Schmuckstücke in meinem Bücherschrank gelandet, aber kaum eines von ihnen ist so hübsch wie All the Dead Lie Down. Anders als viele Bücher aus der Locked Library, die ich von mir aus vielleicht nie in die Hand genommen hätte, fällt dieses, mit seinem bezaubernden Cover und anheimelnden Titel, sofort in mein Beuteschema: Ein geheimnisvolles Haus, gruselige kleine Mädchen und romantische große, ein dunkles Familiengeheimnis – solche Bücher lese ich doch wirklich gerne, selbst ohne farbigen Buchschnitt. So habe ich mich doch mit einigen Erwartungen an das Buch aus Mai 2023-Box gemacht. Und bin dann am Ende doch ein bisschen enttäuscht von dem, was ich da gelesen habe.

Dabei hatte ich mich über die Aussicht auf eine queere Liebesgeschichte sehr gefreut, und anders als bei The Gilded Crown bin ich, was die angeht, diesmal auf meine Kosten gekommen. Die Schwächen liegen für mich im Rest des Buches, vor allem in seinem Showdown, und ich muss vorwarnen, dass diese Rezension ein paar Spoiler enthält, weil die Handlung so langsam in die Gänge kommt, dass die phantastischen Elemente überhaupt erst in der zweiten Hälfte des Buches ins Spiel kommen und es schwer ist, ohne sie über die Geschichte zu sprechen, namentlich über die Elemente, die mich nicht überzeugen konnten.

Der Anfang liest sich ziemlich klassisch: Die frischverwaiste Marin Blythe kommt in das Haus der Schriftstellerin Alice Lovelace, alte Freundin ihrer Mutter, um dort gegen Kost und Logis über den Sommer deren Töchter zu hüten, und stolpert da schon bald über tote Vögel, begrabene Puppen und den hauseigenen Friedhof.… Weiterlesen “Kyrie McCauley: All the Dead Lie Down”

bookmark_borderMaurice Sandoz: Das Labyrinth

Fürwahr, ein mysteriöses Buch: Es geriet mir in der Bücherei in die Finger, ohne dass ich lange danach gesucht hätte, und ohne dass ich mich in den vergangenen Jahren jemals daran erinnert hätte, erkannte ich es doch sofort wieder: Das Labyrinth von Maurice Sandoz. Ein Buch, das ich Anfang der neunziger Jahre für längere Zeit ausgeliehen hatte – ich erinnere mich, wie es auf der Ablage neben meinem Bett stand zusammen mit den anderen ungelesenen Büchereibüchern, und dann muss ich es wohl, nach diversen Verlängerungen, der Bücherei zurückgegeben haben: Gelesen hatte ich es offenbar nicht, denn nichts vom Inhalt war auch nur irgendwie in meinem Kopf zurückgeblieben, und ich habe sonst ein gutes Gedächtnis, was Bücher angeht. Ich lieh es also wieder aus, vor einer Woche, um endlich das Lesen nachzuholen: Und als ich es aufschlug, erlebte ich eine Überraschung. Direkt auf dem Vorsatzblatt prangte ein mysteriöses Zeichen. Es sah aus wie ein M, in Bleistift in die rechte untere Ecke gezeichnet. Ich kannte dieses Zeichen. Es war mein eigenes.

So pflegte ich in meiner wildbewegten Jugend Bücher, die ich entliehen und gelesen hatte, zu kennzeichnen – nicht, um sie nicht versehentlich nochmal zu leihen, sondern um mein Revier zu markieren. So sind sie, die aufstrebenden Jungbibliothekarinnen (und ehe sich nun jemand aufregt, ich habe natürlich immer nur weiche Bleistifte benutzt – die hätten sich schnell wieder wegradieren lassen, ohne dem Buch zu schaden). Mein Zeichen in einem Buch ohne Erinnerung… Sollte ich es etwa doch schon gelesen haben? Meine Neugier war geweckt.… Weiterlesen “Maurice Sandoz: Das Labyrinth”

bookmark_borderJohn Harwood: Das Haus der vergessenen Bilder

So eine Bahnreise nach München ist immer ein Grund, vier Bücher innerhalb von wenigen Tagen zu lesen: Zwei auf der Hinfahrt, zwei auf der Rückfahrt. Soweit der Plan, und so war ich diesmal gut eingedeckt mit Literatur. Das Haus der vergessenen Bilder sollte das erste auf der Rückfahrt sein, dann wurde es aber das einzige: Ich hatte seine Dicke unterschätzt. Aber auch seine Spannung.

Wie bei allen Büchern, deren deutscher Titel mit Das Haus der/des … beginnt, muss ich aber auch hier wieder über die Namenswahl meckern: Dieses hier heißt im Original The Ghost Writer, und dieser Titel ist wirklich perfekt gewählt, treffend und vielseitig. Vergessene Bilder passt dagegen nicht so. Zwar spielen Bilder im ganzen Buch eine große Rolle, alle in die Rahmenhandlung eingebauten Geistergeschichten handeln irgendwie von Bildern, und trotzdem: Im Vergleich zum Original ist es nicht das Wahre. Allerdings hätte das Buch mit einem anderen, weniger stereotypen Titel, nicht in mein Mystery-Beuteschema gepasst und wäre nicht so ohne weiteres von mir ausgeliehen worden. Ich war ja wieder auf der Suche nach geheimnisvollen Häusern und nichts nach irgendwelchen Geistergeschichten. So aber kam ich endlich einmal auf meine Kosten, und dazu noch an ein wirklich gutes Buch.

An Stereotypen soll es hier nicht mangeln: Aber ich bin sicher, dass sich zu jedem verfallen-verlassenen Haus ein dunkles Geheimnis auftreiben lässt, denn ohne zwingenden Grund lässt man ein schönes altes Haus mitsamt Bibliothek, Möbeln und Bildern nicht einfach so verwildern. Vielleicht bin ich traumatisiert: Jeden Tag fuhr mich mein Schulbus an ebenso einer alten verlassenen Villa vorbei, und jeden Tag nahm ich mir vor, dort einmal hineinzugehen – Mitschüler, die es getan hatten, berichteten von den alten Möbeln, von Fotoalben, die auf dem Boden herumlagen… Die Chance ist vertan, das Haus wurde inzwischen abgerissen, und heute steht dort ein Supermarkt.… Weiterlesen “John Harwood: Das Haus der vergessenen Bilder”