Auf den ersten Blick mangelt es diesem klassischen Schauerroman an nichts: Da gibt es ein geheimnisvolles Haus, eine Scéance, Besessenheit, echte Geistererscheinungen und ein düsteres Geheimnis. Auf den zweiten Blick fehlt dann aber doch etwas, und etwas Entscheidendes: Der Schauer selbst. Während der Lektüre vom Haus der Wiederkehr hatte ich für eine Dauer von ungefähr drei Minuten wirkliche Angst: Nämlich, als der ICE, in dem ich saß, durch einen sehr langen Tunnel fuhr, während plötzlich deutlicher Brandgeruch aus der Klimaanlage strömte. Und das hatte wahrlich nichts mit dem Inhalt des Buches zu tun.
Dabei ist mir wirklich leicht Angst zu machen, auch auf Zugfahrten. Zum Beispiel traute ich mich im Herbst 1995 nicht, in Köln-Mülheim aus der S-Bahn zu steigen, während ich Spuk in Hill House von Shirley Jackson las – denn dort hätte ich, um zur Bushaltestelle zu kommen, durch eine schlecht beleuchtete Unterführung gehen müssen: Allein die Vorstellung versetzte mich so sehr in Panik, dass ich lieber zehn Minuten weiter in der Bahn sitzen blieb, am Kölner Hauptbahnhof in eine U-Bahn stieg und einen Umweg von mehr als einer halben Stunde in Kauf nahm. So gruselig war dieses Buch. Über Haus der Wiederkehr lässt sich jedoch nur eine wirklich positive Sache sagen: Durch eine der in dieser Geschichte zahlreich gestreuten Anspielungen habe ich von einem weiteren Buch Shirley Jacksons erfahren, das ich noch nicht kenne: The Sundial. Das könnte ein wirklich guter Schauerroman sein. Und Hill House sollte ich auch mal wieder lesen.
Wenn es ein Wort gibt, an dem man das Scheitern von Haus der Wiederkehr festzumachen, dann ist es »zerredet«.… Weiterlesen “Barbara Michaels: Haus der Wiederkehr”