bookmark_borderLena Jeong: And Break the Pretty Kings

Entgegen meinen guten Vorsätzen zum Jahresbeginn habe ich dann doch nicht für jedes Buch, das ich gelesen habe, auch eine Rezension verfasst. Einmal war das mit Absicht: Es handelte sich um das Buch einer deutschen Autorin, das mich leider überhaupt nicht überzeugen konnte, und ich habe mich gegen eine Rezension entschieden, weil ich nicht die Autorin sein will, die über ihre direkten Konkurrenten herzieht. Sonst rezensiere ich ja überwiegend ältere Sachen oder Titel, die es überhaupt nicht auf Deutsch gibt, oder eine Kombination aus beidem – da habe ich kein Problem damit, auch mal sehr kritisch zu rezensieren: Da hat meine Rezi letztlich keine Auswirkungen auf den Buchmarkt, und niemand kann mir unterstellen, damit meine eigenen Verkäufe pushen zu wollen.

Drei Bücher habe ich schlichtweg nicht besprochen, weil ich im Herbst einen Durchhänger hatte, und als ich dann im Dezember wieder mit dem Rezensieren angefangen habe, war die Lektüre schon so lange her, dass ich mich nicht an jedes Detail erinnern konnte. Und aus dem gleichen Grund habe ich lange überlegt, ob ich dieses Buch, das letzte, das ich 2024 beendet habe, rezensieren will. Denn den Großteil des Buch, alles bis auf die letzten hundert Seiten, habe ich nicht im Dezember gelesen, sondern schon im Mai. Es hatte mich nicht genug gepackt, um es in einem Rutsch zu Ende zu lesen, aber als das Jahr sich gen Ende neigte und ich meine fünfzig Bücher noch nicht voll hatte, war ich froh, ein Buch zu haben, das ich in nur zwei Tagen fertig lesen konnte.… Weiterlesen “Lena Jeong: And Break the Pretty Kings”

bookmark_borderElizabeth Kim: Weniger als nichts

Warum Menschen mit psychischen Erkrankungen Bücher schreiben, liegt auf der Hand: Der Prozess des Schreibens hilft, die Narben in der Seele aufzuarbeiten, sich literarisch von Kindheit, Krankheit und Trauma zu distanzieren, und am Ende steht das befreiende Gefühl, endlich einmal alles losgeworden zu sein. Aber warum muss das verlegt werden? Und warum gelesen? Tatsächlich gibt es einen großen Markt für Leidensberichte. Das können nicht nur andere Betroffene sein, die sich aus diesen Werken Lebenshilfe versprechen und sich sagen »Wenn sie das geschafft hat, kann ich das auch« – so viele Betroffene gibt es dann doch nicht, zum Glück. Den Großteil machen also wohl die Sensationstouristen aus. Leute, die sich plötzlich richtig gut fühlen, wenn sie lesen oder sehen, dass es anderen noch viel viel schlechter gibt.

Während der Lektüre von Weniger als Nichts habe ich mich mehrmals gefragt, warum ich mir das Buch überhaupt ausgeliehen habe, warum ich mir seinen schwerverdaulichen Inhalt antue – Neutrales Interesse? Mitleid? Identifikation? Sensationsgier? Ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen. Aber ich habe es gelesen, und gelitten, bis zum Schluss.

Niemand weiß, wie alt Elizabeth Kim wirklich ist, nicht einmal sie selbst. Ihr Geburtstag, sogar ihr Geburtsjahr, sind so unbekannt wie der Name, den sie vielleicht einmal hatte, bevor sie durch Adoption Elisabeth Kim wurde. Ihr Leben war schrecklich, und als habe es von Anfang an darauf abgesehen, eines Tages zu einem Buch zu werden, wurde es immer und immer schrecklicher. Dieses Buch erzählt das Leben einer Unperson – geboren in der Umgebung Seouls als Tochter eines Amerikaners und eine Koreanerin, die sich nicht nach der Schande des Verlassenwerdens und der Schwangerschaft nicht dramatisch das Leben nahm, wie uns die Mme.… Weiterlesen “Elizabeth Kim: Weniger als nichts”